Bild: Agile Leadership Konferenz Nürnberg
von Stefan Willuda
08.10.2019
Im Anschluss an meine am 02.10.2019 in Nürnberg gehaltenen Keynote auf der Agile Leadership Konferenz erhielt ich neben erfreulich viel Zuspruch auch wiederholt die Anfrage, ob die Inhalte dieses Vortrags noch einmal “irgendwo” nachvollzogen werden könnten.
Da es leider keine Videoaufzeichnung des Vortrags gibt, stelle ich das im Vortrag Gesagte hier noch einmal im Blog Beitrag vor. Ich habe meinen Vortrag weitgehend wörtlich hier niedergeschrieben.
Mein Geständnis
Ich bin heute hier, um ein Geständnis abzulegen. Ich gestehe, ich habe Menschen frustriert. Als Trainer und Berater habe ich Scrum, Kanban, Lean Product Development, Design Thinking und andere vermeintlich moderne Rahmenwerke und Methoden an Menschen vermittelt und dabei, ohne mir dessen bewusst zu sein, Menschen in Organisationen in die Frustration geschickt. Die Mehrheit dieser Menschen erfreute sich zunächst daran mit mir eine alternative Realität von Zusammenarbeit und sinnstiftender Wertschöpfung zu entdecken. Und obwohl einige von diesen Menschen bereits im Training oder in der Beratung ahnten, dass es schwer würde, diese kennengelernte Realität in ihren Organisationen zum Leben zu erwecken, waren sie dennoch begeistert und voller Enthusiasmus. Mit einigen dieser Menschen blieb ich über eine längere Zeit in Kontakt und — ich gestehe — ich erkannte mein Versagen.
Inkonsistenz zwischen “Ansage” und Wirklichkeit fördert Zynismus
Die Menschen, mit denen ich in Kontakt blieb kamen mir nach und nach zynischer und frustrierter vor. Sie sprachen von einer Unvereinbarkeit des mit mir zusammen Entdeckten und der Anforderungen und Rahmenbedingungen in ihren Organisationen. Diese Unvereinbarkeit hatte die einst enthusiastischen Menschen zynisch und frustriert werden lassen. Ich musste erkennen, dass diese Menschen im Spannungsfeld der “normativen” Vorgabe, also “wir werden jetzt agil” und der erlebten Arbeitsrealität zerrieben wurden. Das machte mich betroffen und ließ mich nachdenken. Ich stehe heute hier und gestehe, ich war Teil einer Frustrationsmaschine, weil ich Rahmenwerke und Methoden vermittelte und dabei den Kontext in der begleiteten Organisation oftmals außer acht ließ. Ich näherte mich den Problemen in der Organisation von der völlig falschen Seite, nämlich von der Seite der Rahmenwerke und der Methoden. Hier und heute möchte ich anders vorgehen.
Was ich verspreche
Falls ihr mir heute 40 Minuten eure Aufmerksamkeit schenkt, dann schenke ich euch 1 emotionale Entlastung und 1 Modell für kontinuierliche Organisationsentwicklung, das den Kontext und die Realität in euren Organisationen in den Mittelpunkt stellt. Und um diese Geschenke nutzbar zu machen, lege ich noch 5 Geschichten oben drauf, die zeigen, wie dieses Modell praktisches Führungshandeln unterstützt.
Apropos Führungshandeln: Wer im Raum ist Führungskraft — lateral und disziplinarisch? Bitte haltet die Hände oben. Wer von euch führt auf Abteilungsebene oder höher? Wer führt auf Bereichsebene oder höher? Wer führt ein Unternehmen?
Dieser Vortrag richtet sich besonders an euch. Ihr Führungskräfte habt es in den letzten Jahren nicht so leicht gehabt.
Ihr Führungskräfte habt ein Problem
Ihr sollt die Organisationen am Laufen halten. Zugleich gab es in den letzten 15 Jahren kein einziges Jahr, in dem nicht eine neue Methode, ein neues Management Rahmenwerk oder eine neue Sozialtechnologie auf den Markt kam. Für mich als Berater und nun als Führungskraft war und ist es stressig diese Entwicklungen im Blick zu behalten — und das während ich versuche meinen “normalen Job” zu machen. Und ich kann mir vorstellen, dass es euch ähnlich geht. Wir Führungskräfte gelten bei all diesen Entwicklungen als Umsetzer von Veränderung und als Betroffene zugleich. Ich habe viele Führungskräfte auf allen Ebenen der formalen Hierarchie erlebt, die bei all diesen Entwicklungen an der Grenze der Überforderung standen. Entwicklungen, von denen — ganz nebenbei — im Kern nur die Beratungsunternehmen erheblich profitieren. In den Organisationen selbst haben ausgelöste und unzureichend behandelte Spannungen und Frustration die positiven Effekte all dieser Neuerungen in Schach gehalten.
Eure emotionale Entlastung
Ich löse mein erstes Wertversprechen ein und möchte euch, liebe Führungskräfte emotional entlasten. Wenn es nach mir ginge, dann darf dieses anstrengende und weitgehend wirkungslose Rennen im Hamsterrad ein Ende finden. Wenn es nach mir ginge, dann dürften wir aufhören jeder neuen Methode nachzueifern. Wir dürften aufhören Menschen in Rollen auszubilden, die sie in ihren Organisationen gar nicht ausführen können — hier denke ich vor allen Dingen an Scrum Master und Product Owner. Wenn es nach mir ginge müssten wir keine Angst davor haben den Anschluss an die vielen Säue zu verpassen, die jahraus, jahrein in die Organisationen getrieben werden. Wenn es nach mir ginge, dürften wir mit dieser Geld- und Energieverschwendung aufhören und könnten uns stattdessen den Aufgaben agiler Führung zuwenden. Wir könnten also systematisch an Rahmenbedingungen arbeiten, die Selbstbeobachtung und agile Verhaltensweisen überhaupt erst ermöglichen.
Wie das gehen kann, stellt das versprochene Modell der Organisationsentwicklung dar. Statt dieses Modell jedoch akademisch vorzustellen, möchte ich mich über 5 kleine Geschichten aus meiner beruflichen Praxis nähern.
Agile Zusammenarbeit, aber in Silos
In der ersten Geschichte geht es um einen schwäbischen Maschinenbauer, der die Entwicklungsdauer für kundenspezifische Lösungen durch agiles Arbeiten deutlich verkürzen wollte. Um das zu erreichen, wollten einige Bereichsleiter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausbilden lassen im Handwerk agiler Zusammenarbeit. Gleichzeitig machten dieselben Bereichsleiter deutlich, dass die Zusammenarbeit über die Grenzen der funktionalen Bereiche, Konstruktion, Einkauf, Mechanik und Steuerung hinweg nicht möglich sein wird, weil dadurch — so wörtlich — “die Hoheit” über diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr bei den einzelnen Bereichsleitern läge. Die durch mich zuvor schon so oft unterstützte Frustration stand also schon bereit.
Verlässlichkeit für etwas, das ihr nie zugesagt habt
Ein CTO eines mittelständischen Softwareunternehmens ist der Protagonist unserer zweiten Geschichte. Er selbst war unendlich frustriert weil seine agile Organisation so unzuverlässig war. Er erfuhr deshalb enormen Druck von anderen C-Level Managern. Der CTO wünschte sich die Verlässlichkeit so sehr, das er von seinen Entwicklungsteams das “Commitment zum Commitment” forderte. Gleichzeitig hatten die Teams jedoch keine Kontrolle darüber, wann die Uhr für ihre Verlässlichkeit eigentlich zu ticken begann. Sobald Stakeholder entschieden, dass Projekte zu starten seien, starteten diese. Das Commitment wurde — und das ist eine wahre Geschichte — in Excel Tabellen für die Teams errechnet. Die Projekte waren “natürlich” alle gleich wichtig und Arbeiten abzulehnen oder deren Start zu verzögern galt als Tabu und wurde der IT als Versagen vorgeworfen. Die Frustration rieb sich breit grinsend die Hände.
Ihr arbeitet agil zusammen, bei voller Auslastung
Der Projektleiter in unserer dritten Geschichte verhinderte, ohne, dass er es wusste, die agile und cross-funktionale Zusammenarbeit, die sein Bereichsleiter in einer großen Bereichskonferenz für den gesamten Bereich der Entwicklung von Fertigungssensoren ausgerufen hatte. “Jetzt wird hier agil zusammengearbeitet” hieß es. Und viele Entwickler wollten das schon lange und gern tun. Doch auch 6 Monate nach dieser großen Ankündigung fand diese Zusammenarbeit nicht statt. Der Bereichsleiter war fassungslos und machte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bereich schwere Vorwürfe. Der Projektleiter, der alle Projekte im Bereich koordinierte achtete gleichzeitig penibel darauf, dass jede Spezialfunktion im Bereich, von der Konstruktion über das Platinenlayout bis hin zur Softwareentwicklung mit funktionalen Spezialaufgaben voll ausgelastet war, so, wie man es ihm vor Jahren aufgetragen hatte. Ach, wie sich die Frustration freute.
Der Kunde im Mittelpunkt, aber nur für den Vertrieb
“Ab jetzt steht der Kunde bei uns im Mittelpunkt!” sagte der Vorstandsvorsitzende eines mittelständischen Unternehmens in der jährlichen Mitarbeiterversammlung. “Das”, so sagte er weiter, “sei schließlich der Kerngedanke agilen Arbeitens.” “Kontinuierliches Feedback von echten Kunden ist nun die Pflicht für jedes Entwicklungsteam” ging es mahnend weiter. Das hatten sich viele Produktentwickler und Produktentwicklerinnen in unserer vierten Geschichte schon lange gewünscht. Nur zu gern hätten sie frühes und direktes Feedback zu Produktideen und Prototypen von Kunden erhalten. Doch seit 50 Jahren durften nur die Vertriebsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter mit den Kunden sprechen. Nur sie, so lautete die Regel, erfahren, was Kunden brauchen und sie entscheiden, was Kunden zu sehen bekommen. Diese Regel blieb auch nach der Ankündigung des Vorstandsvorsitzenden intakt und die Frustration konnte ihr Glück kaum fassen.
Alle arbeiten agil, in der IT
Eine letzte kleine Geschichte möchte ich noch zum Besten geben. Die Vorstände einer großen deutschen Versicherung diskutierten intensiv die Fortführung eines Inno-Lab. Innovation und Agilität waren Schlagworte im Interview der Vorstände in der letzten Ausgabe der Mitarbeiterzeitung. Als der IT Vorstand anregte die Finanzierung dieses Inno-Lab über die Vorstandsressorts hinweg zu organisieren und in der Begleitung dieses Lab als Vorstandsteam selbst agil zusammenzuarbeiten, ging ein Raunen durch die Vorstandsetage. Das Inno-Lab sei ja nun klar die Angelegenheit der IT und “diese Agilität” sei nun einmal “die Aufgabe von IT Mitarbeitern”. Es erwies sich als unmöglich diese Inkonsistenz im Auftreten der Vorstände nicht in Zynismus bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Organisation umschlagen zu lassen. Ach Frustration, mein alter Erzfeind.
Erkennen wir ein Muster?
Geht bitte kurz in euch. Wem kommen die Inhalte dieser Geschichten bekannt vor? Was haben die Geschichten aus eurer Sicht gemeinsam? Was wäre aus eurer Sicht eine gute Vorgehensweise der Protagonisten gewesen, die über das “Ankündigen” von agiler Arbeit hinausginge. Wie wäre die Frustration vermieden worden?
Aus meiner Sicht ist diesen Geschichten gleich, dass Führungskräfte ein unbestimmtes Verhalten bei den Menschen in ihrer Organisation einfordern und dabei versäumen sowohl das konkret angestrebte Verhalten als auch die Rahmenbedingungen, die diese Verhalten unterstützen oder eben verhindern, klar zu benennen. Auch fand keine aktive Bearbeitung dieser Rahmenbedingungen statt. So blieb es bei der “Ansage”, jetzt sei agil zu arbeiten, die leider wieder Frustration auslöste.
Vier Ebenen im Blick — gegen die Frustration
Wenn wir von agiler Arbeit oder Agilität sprechen, dann meinen wir dabei in der Regel eine unspezifische Lösung für eine Reihe von Problemen in unserer Organisation. Wir erkennen also ein Problem in der Organisation, das wir lösen wollen. Idealerweise beginnt der Diskurs über das erkannte Problem bereits bei den Kunden und dem Markt. Wir stellen also eine Veränderung im Markt fest, die innerhalb unserer Organisation zu einer Spannung oder zu einem Problem führt.
Oft reagieren Organisation auf diese Spannungen mit produktstrategischen Initiativen. Es soll also, vereinfacht gesagt, durch ein Produkt oder durch eine Strategie auf Veränderungen im Markt reagiert werden. In aller Regel erfordern diese Initiativen oder Veränderungen ein verändertes Verhalten oder eine veränderte Haltung der Personen innerhalb der Organisation — und zwar auf allen Ebenen der Organisation. Um ein anderes Produkt zu bauen oder eine andere Strategie zu verfolgen, müssen sich Menschen in Organisationen anders verhalten.
Führungskräfte, die selbst unter Druck stehen, übersehen oft, dass zwischen der Strategieebene und der Verhaltensebene eine Lücke klafft. Führungskräfte in den meisten Organisationen sind geübt darin neue (Produkt-) Strategien zu initiieren oder zu beschreiben, doch sind oft darin ungeübt das dafür erforderliche Verhalten zu unterstützen oder zu ermöglichen. Das ist die von mir benannte “Lücke”, die dort klafft. Diese Lücke wird in der Praxis durch Strukturen und Rahmenbedingungen geschlossen.
Handeln statt ansagen
Dieses vereinfachte Modell der Ebenen von Organisationsentwicklung kann, so mein Vorschlag, agile Führung unterstützen. Die vorgestellten Geschichten und eure Vorschläge für ein anderes Vorgehen — die ihr euch sicher inzwischen überlegt habt — zeigen, dass verändertes Verhalten sich nicht ansagen lässt — und das gilt unabhängig von Agilität oder agilem Arbeiten. Statt also “normativ” und diffus vorzugeben, dass sich nun so oder so zu verhalten habe, wird es auf der Grundlage dieses Modells die Aufgabe von Führung sich präzise zu überlegen welche Veränderungen im Markt welche (Produkt-) Strategie erforderlich werden lässt. So weit so gut. Sobald das klar ist sind die dadurch nun sinnvoll erscheinenden Verhaltensweisen und Haltungen ebenso präzise zu beschreiben. Diese Erkenntnisse in Bezug auf Kunden und Markt, (Produkt-) Strategie und wünschenswertem Verhalten können dann kontinuierlich mit den Mitarbeitenden in der Organisation geteilt werden. Doch nicht, und das ist wichtig, als “normative Vorgabe”, sondern als Kontextinformation. Denn auf der Grundlage dieser kontinuierlich geteilten Informationen wird das parallel stattfindende Handeln von Führungskräften nachvollziehbar.
Denn auf der Grundlage aus der Marktveränderung erwachsenden Notwendigkeit für die interne Veränderung sind dann Strukturen zu erkennen, die diese angestrebten Veränderungen im Verhalten von Mitarbeitenden auf allen Ebenen der formalen Hierarchie aktuell erschweren. Ebenfalls sind Strukturen zu benennen, die dieses nun sinnvoll erscheinende Verhalten unterstützen können.
Strukturen sind dabei Prozesse, Regeln, Normen, das Organisationsdesign, Anerkennungssysteme und so weiter. Alles, was ihr dokumentieren könntet.
Die kontinuierliche und gemeinsame Betrachtung dieser vier Ebenen — Kunde und Markt, Produkt und Strategie, Struktur, sowie Haltung und Verhalten — ist dabei die Voraussetzung für das Gelingen der agilen Führungsleistung.
Organisationen sind komplex, agiles Vorgehen ist im Vorteil
Organisationen sind komplexe Systeme, die keiner eindeutigen Ursache-Wirkungslogik unterliegen. Damit lässt sich das System Organisation auch nicht “linear” beeinflussen. Wir sind als Führungskräfte also gefordert systematisch und in kleinen Schritten Verhalten zu beschreiben, das wir im Sinne der Strategie für sinnvoll erachten und dann unterstützende Strukturen aufzubauen oder störende Strukturen abzubauen.
Es ist selbstverständlich sinnvoll und hochwirksam in diese Auseinandersetzung die Mitarbeitenden einzubeziehen. Die Bereitschaft zur Partizipation ist bei den Mitarbeitenden üblicherweise sehr hoch, so lange die zuvor genannten Kontextinformationen klar und nachvollziehbar sind.
Wir sind in diesem kontinuierlichen Handeln in den Organisationen dann erfolgreich, wenn die Kunden davon etwas merken.
Wir laufen also in den vier im Modell genannten Ebenen kontinuierlich “auf und ab”.
Auch wenn wir Führungskräfte noch einige Zeit damit zu tun haben werden, unsere Organisationen für die Komplexität im (Markt-) Umfeld zu wappnen, so sind wir auf der Grundlage dieses Modells der kontinuierlichen Organisationsentwicklung ausgestattet, um handlungsfähig zu bleiben — auch dann, wenn die nächste Mode auf den Markt kommt.
Unsere Aufmerksamkeit ist ein Schlüssel
Jetzt ist dieses Modell keine Raketenwissenschaft und dennoch findet diese kontinuierliche und reflektierte Auseinandersetzung mit den vier vorgestellten Ebenen in meiner Wahrnehmung nicht systematisch statt. Woran liegt das?
Neben einer Reihe von Gründen möchte ich auf zwei besonderes Augenmerk legen. 1. Sind es Führungskräfte gewohnt Probleme in Organisationen vor allen Dingen in anderen zu erkennen. Also, “andere in der Organisation verursachen Probleme”. Die Fähigkeit das eigene Verhalten und die Folgen dieses Verhaltens in den Blick zu nehmen ist häufig — no offense, liebe Führungskräfte — nicht so stark ausgebildet.
Die Frage warum das wohl so ist, führt uns zum 2. Grund, warum wir noch nicht so führen: Führungskräfte nehmen sich zu wenig Zeit für die beschriebene, intensive Reflexionsleistung, weder allein noch in der Gruppe.
Führt euch kurz einmal euren eigenen Kalender vor Augen… Wann habt ihr Zeit um auf euch und euer Führungsverhalten zu blicken?
Simpel und doch so schwer
Agile Führung ermöglicht agiles Arbeiten innerhalb einer Organisation. Das bedeutet also in erster Linie wahrzunehmen, was wirklich los ist und dann zu reflektieren welche möglichen Folgen sich aus dieser wahrgenommenen Realität für die Struktur der Organisation ergeben. Und dann kommt der schwere Teil im Leben der Führungskraft: Diese erkannten und erforderlichen Strukturveränderungen sind durch aktives Entscheiden und Handeln immer wieder aufs Neue herzustellen. Natürlich ist auch die Wirksamkeit dieser Strukturveränderungen kontinuierlich zu überprüfen.
Und denkt nicht, ich habe leicht reden. Mir ist sehr wohl klar wir schwer das ist. Mir ist klar, dass die operative Involviertheit zunimmt, wenn die Lage in der Organisation sich anspannt. In dieser “operativen Hektik” konsequent weiter in der Idee dieses Modells zu handeln ist schwer, obwohl das Modell so simpel ist.
Rahmenwerke und Methoden — die großen Verführer
Aus diesem Grund sind auch Rahmenwerke und Methoden schon seit Jahren so verführerisch, obwohl wir Führungskräfte kaum hinterher kommen sie zu verstehen geschweige denn korrekt anzuwenden. Rahmenwerke oder Methoden nehmen eine Reihe der notwendigen Verhaltens- und Strukturentscheidungen von den Führungskräften ab. Wenn zum Beispiel der agile Management Berater sagt “so wird das gemacht”, dann kann die Reflexion darüber bei den Führungskräften vermeintlich ausbleiben.
Diese Entlastung der Führungskräfte hat jedoch einen Preis. Dieser Preis ist die sehr hohe Belastung in der Organisation, da mit der Verfolgung eines Rahmenwerks in der Regel viele Dinge auf einmal geändert werden, ohne die Notwendigkeit für diese Veränderungen zu vermitteln. Das führt häufig dazu dass diese im Rahmenwerk oder in der Methode vorgesehenen Änderungen von der Organisation abgestoßen oder so modifiziert werden, dass diese auf die ein oder andere Weise ihre Wirksamkeit verlieren. Das bedeutet, dass unsere Entlastung als Führungskräfte zu einer Belastung in der Organisation führt, die um ein vielfaches größer ist, als unsere Entlastung es je sein kann. Schlimmer noch, die dadurch ausgelöste Belastung in der Organisation ist zu allem Übel oftmals auch noch wirkungslos.
Wie sieht es denn aus, wenn es funktioniert?
Macht euch frei von dem Druck der immer neuen Methoden! Die einzigen, die aktuell von diesem ganzen Wahnsinn ernsthaft ökonomisch profitieren, sind die Beratungsunternehmen. Macht euch frei davon, jeder neuen Sau im Dorf nachzulaufen.
Überlegt euch stattdessen, wie es aussieht, wenn gute Zusammenarbeit gelingt. Zusammenarbeit, die Wert für den Kunden außerhalb der Organisation stiftet. Wie sieht es aus, wenn die Menschen das tun, was sie sowieso tun wollen, nämlich sinnvolle Arbeit für andere verrichten? Und stellt euch dann die Frage, welche Strukturen in eurer Organisation, welche Prozesse welche Regeln, welche Entscheidungsvorgaben und welches Organisationsdesign die Menschen heute davon abhält, so zu arbeiten.
Wenn ihr diese Fragen für euch und mit euren Mitarbeitenden zusammen in Ruhe beantwortet habt, dann beginnt mit der euch zur Verfügung stehenden Macht diese Strukturen systematisch und in kleinen Schritten zu bearbeiten. Macht das Arbeiten für eure Kolleginnen und Kollegen in kleinen Schritten einfacher und überprüft immer wieder die Wirksamkeit eures Handelns.
Stellt euch nicht die Frage wie ihr Scrum, Kanban, Design Thinking, OKRs oder andere Rahmenwerke in eurer Organisation “unterbringt”, sondern stellt euch die Frage, welche Strukturen es braucht, um für den Kunden Wert zu schöpfen und mit ihm zusammenzuarbeiten.
Falls Du diese Gedanken vertiefen möchtest, kannst du mit mir in Verbindung treten.
Weiterführende Quellen
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